Herrscher begegnen sich nie persönlich; Emir Fahr ed-Din
vermittelt zwischen ihnen und berät sie zugleich. (Zu
übersetzen braucht er nicht, denn Friedrich II. spricht seit
seiner Jugend in Palermo auch arabisch.) Der Papst gönnt dem
Kaiser aus machtpolitischen Erwägungen keinen Erfolg und
nähme lieber einen Misserfolg des Kreuzzuges in Kauf. Als
seine Beauftragten jedoch den Sultan zu einem hinterhältigen
Angriff gegen Friedrich verleitet wollen, warnt Malik al-Kâmil
seinen Gegner. Am 18. Februar 1229 schließt er mit dem
Kaiser einen zehnjährigen Waffenstillstand. Gegen den
Widerstand in seinen eigenen Reihen übergibt der Sultan den Christen Jerusalem, Bethlehem und Nazareth.
Friedrich II. hat sein Ziel ohne Blutvergießen erreicht. Mit Sultan Malik al-Kâmil tauscht er bis zu dessen Tod im Jahr
1238 regelmäßig Geschenke und Gesandtschaften aus.
Isabella von Brienne war kurz vor der Abreise Friedrichs bei der Geburt ihres Sohnes Konrad im Alter von siebzehn
Jahren gestorben. Die Krone von Jerusalem gebührt jetzt also Konrad. Aber dessen Vater gibt sich nicht mit der Rolle
eines Regenten zufrieden, sondern krönt sich, mit majestätischer Geste und kaiserlicher Pracht, am 18. März 1229 in
der Grabeskirche selbst zum König von Jerusalem. Der Triumph ist nicht von langer Dauer, die Templer und der
Patriarch wollen Friedrich nicht anerkennen. Als der Kaiser sechs Wochen später nach Akkon reitet, um sich nach
Brindisi einzuschiffen, bewerfen ihn von der Kirche aufgestachelte Christen trotz des erfolgreichen Abschlusses des
Kreuzzuges mit Küchenabfällen.
In Sizilien selbst, bedrohen päpstliche Truppen, verstärkt durch Adelige, die nach Friedrichs Exkommunikation von
ihm abgefallen sind, sein Reich. Er verlässt eilends das Heilige Land und landet am 10. Juni 1229 in Brindisi. Relativ
kurzfristig gelingt es ihm, sein Königreich wiederherzustellen.
Vierzehn Monate lang sträubt sich Papst Gregor IX., den Kaiser vom Bann zu lösen. Er versucht, die mit dem Sultan
getroffenen Abmachungen schlechtzureden und unternimmt wohl auch kaum etwas gegen das Gerücht, Friedrich
sei mit einem Harem aus dem Orient zurückgekommen. Erst am 28. August 1230 sieht er sich zum Einlenken
gezwungen, und vier Tage später empfängt er Friedrich in Anagni.
Nach der Beseitigung lokaler Willkürherrschaften formt Friedrich
II. aus seinem sizilianischen Königreich einen zentral geführten
säkularisierten Beamtenstaat. Um das Recht zu vereinheitlichen,
erarbeiten vierzig Juristen unter der Leitung von Petrus de Vinea
1230/31 in Melfi das erste staatliche Gesetzbuch Europas
(Konstitutionen von Melfi). Im September wird das Werk am
Hoftag zu Melfi verkündet. Als Konstitutionen von Melfi werden
219 Einzelgesetze in drei Büchern zusammengefasst. Diese erste
mittelalterliche Kodifizierung einer Rechtsordnung bleibt im
Königreich Sizilien bis 1819 in Kraft. Als Herausgeber wird „Kaiser
Friedrich der immer Erhabene, der Herrscher über Italien, Sizilien, Jerusalem und das Arelat, der Glückliche,
Fromme, Sieger und Triumphator” angeführt . „Die Pflege des Friedens, die der Gerechtigkeit und der die Gerechtigkeit
nicht fehlen darf, befehlen wir allen und jedem der Teile unseres Königreiches zu wahren. Keiner soll aus eigener
Machtvollkommenheit Übeltaten und Übergriffe, die früher begangen wurden oder in der Folgezeit begangen werden
sollten, rächen noch Unterdrückungen oder Vergeltungsmaßregeln ergreifen oder gar Fehde innerhalb des Reiches
beginnen; vielmehr soll er vor dem obersten Gerichtsrat und den Gerichtsräten der Provinzen oder vor den örtlichen
Kämmerern oder Vögten und Herren, wem eben gerade die Untersuchung des Streitfalls zusteht, seine Sache nach
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