gerichtlicher Ordnung verfolgen." In Friedrichs Vorstellung von einem gerechten, stark zentralisierten Königreich sollte selbst der oberste Herrscher dem Gesetz unterstehen: Da Wir die Grundsätze der Gerechtigkeit zu erhalten wünschen, werden Wir von den königlichen Vorrechten keinen Gebrauch zum Schaden Unserer getreuen Untertanen machen, da Wir einen Schaden Unserer getreuen Untertanen als Schaden für Uns selbst und ihren Gewinn als Unseren Gewinn ansehen. Wir, die Wir die Waage der Gerechtigkeit für alle halten, wollen keine Unterschiede machen. Wir wünschen, dass dem Kläger und dem Angeklagten ... gleiches Recht widerfahre.”) Die wesentlichen Bestimmungen und Neuerungen des Gesetzeswerkes sind: Abschaffung der Gottesurteile, Einschränkung des Waffentragens in der Öffentlichkeit, Beamtenbestechung und Vorteilnahme werden verboten, Bereicherung im Dienst, Vergewaltigung (auch von Prostituierten) und Frauenraub werden mit dem Tod bestraft; Grafen und Barone, die Lehnsträger der Krone sind, müssen vom König die Erlaubnis zur Heirat einholen, wie jeder Mann und jede Frau, der oder die einen Ausländer oder eine Ausländerin ehelichen will; Ärzte werden nur zugelassen, wenn sie eine Prüfung an der medizinischen Hochschule in Salerno abgelegt haben. Erstmals wird auch vom Prinzip „Wo kein Kläger, da kein Richter” abgegangen; Delikte können auch ohne Ankläger von amtlicher Seite verfolgt werden.  Palermo gilt zwar als Hauptstadt des Königreichs, aber Friedrich hält sich nur selten in der sizilianischen Metropole auf. Er ist fast ständig unterwegs. Am liebsten residiert er in Apulien. Der gesamte Hofstaat begleitet ihn dabei. Dazu gehören nicht nur Berater, Sekretäre, Leibwachen und Bedienstete, sondern auch sarazenische Gaukler, Musikanten und Tänzerinnen. In Foggia hält Friedrich Affen, Leoparden, Löwen, Kamele, Dromedare und Elefanten.  Ein anspruchsvolles, von Friedrich selbst verfasstes Buch über die Ornithologie im Allgemeinen und die Falkenjagd im Besonderen zeugt von seiner außergewöhnlichen Beobachtungsgabe. Neugier und Wissensdrang hat er sich seit seiner Jugend bewahrt. Friedrich ist weder ein methodischer Wissenschaftler noch ein systematischer Philosoph, aber er sucht nach vernünftigen Ursachen und Erklärungen für das, was er beobachtet. Nachdem er den Ätna gesehen und von anderen Vulkanen gehört hat, möchte er wissen, woher sie gespeist werden und welche Kraft da aus der Erde kommt. "Dicke und Länge dieses Erdkörpers" interessieren ihn, und er fragt, "ob da etwas anderes ist, was die Erde trägt". Dass er sich dabei nicht nur auf abendländische Gelehrte verlässt, sondern auch arabische konsultiert, betrachten christliche Eiferer als ketzerisch. Wer mit Ungläubigen diskutiert, führt womöglich auch schaurige Experimente durch und lässt beispielsweise Leichen sezieren! Friedrich sprengte die im Hochmittelalter geltenden Normen.  Der Herrscher ist inzwischen Mitte dreißig. Wer sich ihm nähert, küsst ihm die Füße wie einem orientalischen Despoten. Friedrich arbeitet mitunter auch nachts. Er misst sich mit Gelehrten in seiner Schlagfertigkeit, sieht jedoch ebenso gern sarazenischen Tänzerinnen zu, vergnügt sich mit schönen Frauen und zeugt mehrere uneheliche Kinder. Erlesene exotische Speisen schätzt Friedrich, aber er verfällt keiner unvernünftigen Völlerei, sondern richtet sich auch in Fragen der Ernährung nach den Empfehlungen seiner Ärzte. Während Friedrich das sizilianische Königreich einer machtvollen Zentralgewalt unterwirft, kümmert er sich um Deutschland nur aus der Ferne. Dort verläuft die Entwicklung denn auch entgegengesetzt: Der lebensfrohe, kunstsinnige und für Neues aufgeschlossene König Heinrich fördert die Patrizier in den deutschen Städten, die gegen
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